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Festival der Klänge – vierter Konzertabend am 25. Oktober 2008
Eine Rückschau von Franz Patocka
In der per E-Mail ausgesandten Einladung zum Konzert von Yi-Chih Lu war der junge Künstler etwas vollmundig als „einer der ganz Großen“ angekündigt worden. Nicht ungefährlich, gleich zu solchen Vokabeln zu greifen! Wie sich aber am Abend des 25. Oktober herausstellen sollte, waren diese Vorschusslorbeeren voll berechtigt.
Yi-Chih Lu, 1982 in Taiwan geboren, begann seine Ausbildung in seiner Heimat, ab 1999 studierte er Klavier in Wien – selbstverständlich machte er seinen Abschluss mit Auszeichnung –, und gegenwärtig sucht er sich in Berlin zu perfektionieren. Viele Preise hat er im Laufe seiner noch jungen Karriere erspielt, darunter einer, auf den er wohl ganz besonders stolz ist: 2006 wurde er Georges-Cziffra-Preisträger an der Internationalen Sommerakademie „Prag – Wien – Budapest“, dazu erhielt er auch noch den Wiener-Klassik-Preis.
Das Konzert am 25. Oktober, dem als Ehrengast auch der taiwanesische Kulturattaché lauschte, begann mit einer einfühlsam interpretierten Sonate von Joseph Haydn, gefolgt von einem nicht allzu bekannten Stück von Robert Schumann, der „Faschingsschwank aus Wien“, op. 26, das mit seiner originellen Melodik und Rhythmik den unerschöpflichen Ideenreichtum des Komponisten widerspiegelt. Yi-Chih Lu spielte dieses wienbezogene Stück des deutschen Romantikers in einer Weise, die ahnen ließ, wie sehr ihn sein langer Aufenthalt in unserer Stadt musikalisch geprägt hat. Am Ende des Konzertes sollten wir dies noch einmal bestätigt bekommen.
Nach der Pause ging es musikalisch in die Berge, aber größer könnte der Kontrast nicht sein! Zunächst führte uns der Künstler mit einer Komposition seines Freundes und Förderers Adolph Kurt Böhm, „Malerisches Tirol“, in die Welt der Alpen, mit zauberhaften volksmusikalischen Zitaten und der Natur nachempfundenen Klangelementen. Im Anschluss daran interpretierte Yi-Chih Lu das Stück „Mountain Mist“ der im Publikum anwesenden taiwanesischen Komponistin Chi-Lien Hung. Mit diesem bisweilen zart-schwebenden, dann wieder aufgeregt drängenden Stück zeigte der junge Pianist, dass er auch zeitgenössische Musik wie etwas ganz Selbstverständliches zu vermitteln versteht.
Natürlich durften in einem von der Cziffra-Stiftung mitveranstalteten Konzert „Ungarische Tänze“ von Johannes Brahms in der Bearbeitung von Georges Cziffra nicht fehlen, diesmal Nr. 3 und 5, virtuos und mit viel Witz gespielt. Den Abschluss des regulären Programms bildete die großartige „Appassionata“ von Ludwig van Beethoven. Ein solches Stück erfordert größte Konzentration, sowohl von Seiten des Interpreten als auch von Seiten der Zuhörenden, und es war deutlich zu spüren, wie der Funke übersprang. Einfühlsam arbeitete Yi-Chih Lu einzelne Passagen heraus, wie etwa die Anklänge an das berühmte Motiv der 5. Beethoven-Symphonie, dann aber riss er uns in seinem Sturmlauf im Finalsatz mit – eine wahrhaft große Aufführung dieser vielgespielten Sonate, die so viel zu bieten hat!
Dass man den äußerst sympathischen, bescheiden wirkenden Pianisten nicht so einfach gehen lassen konnte, war klar. Er ließ sich auch nicht lange bitten, und als erste Draufgabe zauberte er den „Minutenwalzer“ von Chopin in die Tasten, gefolgt von einem Stück, das man in Wien nicht anzusagen braucht – und wahrscheinlich nirgends auf der Welt: dem „Radetzkymarsch“ in einer köstlichen Bearbeitung des Interpreten höchstpersönlich. Wer keine Karte zum Neujahrskonzert im Wiener Musikverein ergattern konnte, hatte hier die Möglichkeit, mitzuklatschen und sich an der mitreißenden Musik von Johann Strauß Vater und dem sehr „wienerischen“ Humor von Yi-Chih Lu zu erfreuen. – Was soll man da noch sagen? Ein Abend der Superlative!
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