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Festival der Klänge – dritter Konzertabend am 18. Oktober 2008
Eine Rückschau von Franz Patocka
Es war an diesem Samstag gar nicht so leicht, rechtzeitig zum Konzert in der St. Johannes-Nepomuk-Kapelle vorzudringen, denn ein Fehler im Computer, der die Wiener Verkehrsampeln koordiniert, erzeugte ein Chaos auf allen Straßen. Während die Künstlerin bereits mit Johann Sebastian Bach beschäftigt war, schlich sich daher ein Grüppchen verspäteter Konzertgäste hinein, bemüht, so wenig wie möglich zu stören. Auch der Verfasser dieser Zeilen, der eigentlich nichts so sehr hasst wie Unpünktlichkeit, war eines der Opfer des Ampel-Desasters geworden. Nach kurzem Ausschnaufen ein kurzer Blick auf den Programmzettel: Es ist die „Chromatische Fantasie und Fuge“. Und am Stelzhammer-Flügel sitzt, so sagt der Zettel weiter, Momoka Masuda, eine sehr junge Pianistin aus Japan, der Heimat der Repräsentantin der Cziffra-Stiftung in Wien, Yumiko Hertelendy. Was sagt uns der Programmzettel sonst noch? Mit fünf Jahren erster Klavierunterricht, mit zwölf Jahren zum ersten Mal Gewinnerin eines Klavierwettbewerbes, eine Reihe von weiteren Preisen, darunter – natürlich, wie könnte es anders sein? – ein Preis der Cziffra-Stiftung, verliehen im Jahre 2005. Aber genug jetzt mit dem Geraschel, legen wir das Programm zur Seite und hören wir zu!
Das Stück von Bach lässt gleich einmal erkennen, mit wem wir es zu tun haben: mit einer Interpretin, die technisch über den Dingen steht, so dass sie sich ganz dem Ausdruck widmen kann. Wenn man Johann Sebastian Bach gelegentlich nachsagt, seine Musik sei allzu „mathematisch“, dann widerlegt die anmutige Momoka Masuda dieses nicht gerade fundierte Urteil auf sehr eindrückliche Weise. Eine Fuge ist zweifellos etwas „Ausgeklügeltes“, aber wenn man es wie die Künstlerin versteht, die Bachschen Feinheiten herauszuarbeiten, dann eröffnet sich einem ein unermesslicher Reichtum an musikalischer Schönheit. Aber werden wir nicht zu pathetisch, immerhin kommt als nächstes ein Mozart-Stück, und zwar die wundervolle Sonate in c-moll, KV 457. Einerseits ein großer Kontrast, der zeigt, wie unterschiedlich mit dem, was das Klavier hervorzubringen vermag, umgegangen werden kann, andererseits ein Beweis dafür, dass sich kompositorische Vollendung sehr verschiedenartig äußert. Momoka Masuda ist in beiden Reichen zu Hause: in der Bachschen Musik mit ihrer unglaublichen harmonischen Vielfalt wie auch in Mozarts überirdisch schöner Melodik. Den originellen Abschluss des ersten Teiles bildete eine sehr einfühlsam interpretierte Transkription von Ravels „Pavane pour une infante defunte“.
Nach der Pause ging es ziemlich virtuos ans Werk: zunächst Chopin selbst mit seiner Ballade Nr. 1, worauf Rachmaninow mit seinen Variationen über ein Thema von Chopin folgte. Momoka Masuda ließ dabei eine erstaunliche Bandbreite pianistischer Kunst aufblitzen: zarte Klänge, wie Mondlicht im Wasser schimmernd, dann aber geballte Kraft, wie man sie von einer so filigran anmutenden Künstlerin nicht vermuten würde. Der „Ungarische Tanz Nr. 9“ von Brahms in einer Bearbeitung von Georges Cziffra beendete das mit viel Verständnis zusammengestellte Programm. Als bewusst ruhige Draufgaben präsentierte sie dem völlig verzauberten Publikum ein Stück von Debussy und eine japanische Volksweise.
Eine Konzertbesucherin brachte nach dem Konzert die Sache auf den Punkt, indem sie in Anlehnung an einen Ausspruch von Friedrich Gulda meinte: „Man soll nicht das Instrument spielen, sondern die Musik – und das tut sie.“
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