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Konzertrückblick 2009
Montag, 26.10.2009
Festival der Klänge –
zweiter Konzertabend
am 10. Oktober 2009
Eine Rückschau von Franz Patocka
Was bewegt einen renommierten Künstler, für einen Konzertauftritt aus dem fernen Finnland nach Wien zu kommen? Da wir mit Sicherheit bezüglich der Gagen ein bisschen unter dem liegen, was Musikverein oder Konzerthaus anbieten könnten, muss der Grund anderswo zu suchen sein. Erik T. Tawaststjerna, der Vorstand des Klavierfaches der Sibelius-Akademie in Helsinki, seines Zeichens ordentlicher Universitätsprofessor und Lehrer von vielen Pianisten, die eine internationale Karriere gemacht haben, hat eine einfache Antwort darauf: Wien ist so etwas wie seine zweite Heimat, und er freut sich immer, wenn er hierher zurückkommen kann, in die Stadt, in der er einst Meisterkurse geleitet hat und die ihm ans Herz gewachsen ist. Nun, wir nehmen dieses Kompliment gern entgegen und retournieren es selbstverständlich: Wir fühlen uns geehrt, wenn ein Künstler seines Ranges Kosten und Mühen auf sich nimmt, um in unserer kleinen Kapelle Kostproben seines musikalischen Könnens zu geben. Bereits vor zwei Jahren durften wir ihn im Rahmen des „Festivals der Klänge“ bei uns begrüßen, und in Erinnerung des damaligen Auftrittes war die Vorfreude groß.
Der Pianist hat uns auch diesmal nicht enttäuscht, ganz im Gegenteil: Im ersten Teil seines Programms erfreute er uns mit zwei Impromptus des großen Jean Sibelius sowie der Sonate in e-Moll, op. 7, von Edvard Grieg. Diese Werke sind sehr facettenreich und lassen die Weite der Landschaft im hohen Norden erahnen, stürmische Winde im rauen skandinavischen Klima, dazwischen aber immer wieder die zwischen den Wolken aufblitzende Sonne, die das Land plötzlich in glänzenden Farben erstrahlen lässt. Über all dem liegt aber eine Art lyrischer Schwermut, die nur einer dem Publikum vermitteln kann, der selbst Kind dieses Teils der Welt ist. Erik T. Tawaststjerna meistert die teilweise großen Anforderungen an den Interpreten mit Bravour, ohne aber in billige Effekthascherei zu verfallen. Das würde auch nicht zu ihm passen.
Nach der Pause stand ein Chopin-Block mit Nocturnes und Walzern auf dem Programm, und die offensichtliche Freude, mit der der Künstler diese Werke spielte, sprang ganz wie von selbst auf das Publikum über. Die daran anschließenden beiden Stücke von Franz Liszt ließen erkennen, wie ein guter Pianist auch mit der Interpretation von Werken umzugehen versteht, bei denen Pathos und Virtuosität einander ständig abwechseln und überlagern. Die reizvolle Legende „Der heilige Franziskus auf den Wogen schreitend“ ist ein ausgezeichnetes Beispiel dafür. Der anschließende „Feuertanz“ aus dem Ballett „El amor brujo“ von Manuel de Falla in einer grandiosen Klavier-Version von Cziffra zeigte, wie weit der Bogen der Bearbeitungen gespannt ist, das uns der vor 15 Jahren verstorbene Pianist Georges Cziffra hinterlassen hat, und mit Tawaststjernas glasklarer Interpretation hätten sowohl der Komponist als auch der Arrangeur ihre helle Freude gehabt. Mit der Zugabe, einem weiteren Impromptu von Jean Sibelius, schloss sich der Kreis, und damit war auch leider der wunderschöne Musikabend mit dem sympathischen finnischen Professor zu Ende, aber wir dürfen wohl hoffen, dass ihn seine Liebe zu Wien in nicht allzu ferner Zukunft wieder zu uns führen wird.
www.johanneskapelle.at
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21.11.2024
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